Conversational Copywriting: Warum wir mehr schreiben sollten, wie wir reden
Texte, die klingen wie eine Unterhaltung. Wie das gelingt, liest du hier.
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Von Marina Voshard
Wieso kommt jemand, der gar nicht so gerne schreibt, zum Copywriting? In diesem Beitrag erzähle ich es dir.
Hassliebe. Ich glaube, dieses Wort beschreibt mein Verhältnis “zum Schreiben” wohl am besten. Liebe, weil ich hoffnungslos romantisch bin und gern einer dieser Menschen wäre, die in hübschen Cafés seitenweise Notizbücher füllen, akribisch Tagebuch führen oder sich einfach mal ein Gedicht aus dem Ärmel schütteln. Hass, weil meine vielen hübschen Notizbücher leer im Regal liegen und ich Trägerin des Imposter Syndroms bin.
Wieso gibts dann bitte diese Seite, Marina? Gute Frage, danke! Wie kommt jemand, der das Schreiben nicht in der eigenen DNA verankert hat, auf die Idee, für ebendiese Aktivität Geld zu verlangen?
Let me tell you von Anfang an: Also, in der Grundschule war ich wirklich gut in Diktaten… okay, ganz so lang müssen wir die Reverse-Taste nicht gedrückt halten, aber Schule ist trotzdem ein wichtiges Stichwort.
Denn ich glaube, den Grundstein für ihre berufliche Karriere legen die meisten direkt nach der Schule. Was völlig wahnsinnig ist, wenn du bedenkst, dass ich mit zarten 19 noch dachte, der Besitz von Bandanas in möglichst vielen Farben, sei das Maß aller Dinge. Mit meinem Lieblingsbandana in hell-flieder um den Kopf geschnallt saß ich also vor meinem PC und sollte mich für einen beruflichen Werdegang entscheiden.
Fast alle meine Mitschüler (so dachte ich) hatten damals bereits genaue Pläne, Wünsche und Träume. Ich nicht. Ich wollte nicht, dass sich mein Leben groß verändert und ich hatte nie einen besonderen Berufswunsch. Alles, was ich wollte, war, dass mein Leben aufregend und lustig blieb.
Im Nachhinein glaube ich, dass ich einfach schon immer die Fähigkeit hatte, absolut im Moment zu leben. Wo andere sich in wolkenkratzerhohen Träumen und Zukunfts-Visionen verloren und es kaum abwarten konnten, endlich 18 zu werden, machte mich nichts glücklicher, als eine gute Aufschlagserie beim Volleyball zu spielen und meinen neuen Schulplaner mit ausgeschnittenen Zeitschriftenfetzen zu bekleben. Ich habe geschrieben, wenn es von mir erwartet wurde oder ich meiner besten Freundin einen Witz im Reli-Unterricht zustecken wollte.
Nun also die Werdegang-Entscheidung. Was ich damals wusste: Ich mag Sport, ich mag YouTube und ich lese gerne. Die einzig logische Konsequenz: Irgendwas mit Medien (ja, ich bin diese Art Millennial)!
Ich machte ein Praktikum beim örtlichen Fernseh-Sender, schrieb mich an der einzigen Uni ein, die Kommunikationswissenschaft damals zulassungsfrei anbot, saß kurze Zeit später mit meinem mit Schnipseln beklebten Studi-Planer im Hörsaal und war mir sicher, schon bald bei MTV zu arbeiten.
Erstmal aber brauchte ich Geld, die Happy-Hour-Cocktails für 3,50 € zahlten sich schließlich nicht von alleine. Da das MTV-Studio nicht in Bamberg ansässig war, musste ich mir wohl oder übel eine andere Tätigkeit suchen, die mir ein gutes Gehalt und bestenfalls noch Berufserfahrung einbrachte.
Ich fand eine Werkstudentenstelle als “SEO-Texterin” bei einem riesigen Online-Marktplatz, ohne zu wissen, was SEO eigentlich ist. Hier saß ich als kleine Text-Ameise in einem Ameisenhügel aus Werkstudenten, die Kategorie- und Produkttexte am Fließband produzierten.
Aus einer kilometerlangen Excel-Liste durften wir uns die Marken und Kategorien aussuchen, die wir betexten wollten. Nummernschildhalterungen, Gogokinis, Wackel-Dackel, Campingkocher oder Klorollenüberzüge. Es gab nichts, was es nicht gab. Oft hatte ich den gleichen Gedanken wie vor dem Tchibo-Regal im Rewe: Wer braucht sowas?
Genau hier hatte ich meinen ersten augenöffnenden Texter-Moment. Ich suchte mir aus der Marken-Liste einen Anbieter für quietschpinkes Autozubehör aus. Himmel, fand ich die Sachen schrecklich. Und lustig. Aber insgesamt doch schrecklich. Wer packte sein Lenkrad freiwillig in pinken Plüsch oder pinnte sich einen Sticker mit “Tussi on Tour” auf die Heckscheibe? Ich bestimmt nicht.
Da flüsterte mir ein zartes Stimmchen in meinem Kopf: “Um dich geht es hier doch auch gar nicht, du wertende Schubladen-Denkerin.” Recht hatte sie! Beim Werbetexten geht es nicht um mich als Autorin – es geht darum, dass Susi, Jörg und Regina als Fans von kitschigem Autozubehör denken “Brauch ich, will ich, kauf ich!”
Das gefiel mir. Im Studium hatte ich oft das Gefühl, ich müsse mir selbst einen Namen machen – als Journalistin, Wissenschaftlerin oder einfach einigermaßen gute Studentin. Als Einzelkämpferin. Hier, im Ameisenhaufen, arbeiteten wir gemeinsam für die unterschiedlichsten Zielgruppen und folgten alle dem gleichen Ziel: Susi & Co sollten ihr Lieblingsprodukt finden!
Ich merkte zum ersten Mal, dass es mir sehr gut gefiel, meinen Namen nicht unter einem Text zu sehen, sondern mich an dem heimlichen Stolz erfreute, wenn ich einen meiner Texte dann online sah. Ich war der Anti-Journalist. Damals wusste ich nicht, dass es das Wort Copywriter überhaupt gibt.
Natürlich schloss ich mein Studium trotzdem ab, bewarb mich erfolglos bei MTV und setzte noch einen Master obendrauf, weil das Studieren mir einfach Spaß machte. Was mich tatsächlich seit meinem ersten Semester begleitet, ist das Schreiben. Jede Menge für die Menschheit nicht weiter relevante Hausarbeiten, aber viel wichtiger: Unzählige Werbetexte. Der Witz dabei war, dass ich weiterhin dachte, ich könne das gar nicht (mein Imposter Syndrom hatte ich schon erwähnt, oder). Fast zehn Jahre später kann ich mir aber doch einigermaßen eingestehen, dass ich das mit dem Schreiben – zumindest von Werbetexten – doch einigermaßen gut beherrsche.